Netzliteratur

 

 

Rezeption und Kritik

 

 

Kurz-Statements von den Teilnehmern des Arbeitskreises für Gasthörer- und Seniorenstudenten ‚Konzepte kollektiver Autorschaft’ im Sommersemester 2000

 

„Das Lesen von Literatur im Netz verwirrt mich. Ich lese sprunghaft. Wo ist der Faden?“

 

„Es ist nicht einfach, die Texte am Schirm zu bearbeiten. Die Augen schmerzen bald. Es fällt bei vielen Seiten schwer, sich zu orientieren. Man müßte die Texte ausdrucken.“

 

„Wo ist der Anfang, wo das Ende?“

 

„Es ist so ungewohnt, länger am Bildschirm zu lesen. Ich bekomme Probleme mit meiner Körperhaltung. Außerdem habe ich nicht die richtige Brille für das Lesen auf diese Entfernung bei mir.“

 

„Ich beiße mich an einer Thematik in NULL fest und klicke wahllos weiter, eigentlich ohne daß es mich wirklich interessiert, hoffe aber trotzdem hinter jedem Link nun etwas Interessantes zu entdecken.“

 

„Das Lesen ist körperlich anstrengend geworden. Ich habe Mühe, die Zeile zu halten. Die Kontraste sind oft so stark, daß mir die Augen flimmern. Es ist mühsam beim Scrollen immer wieder die richtige Stelle zu finden, um weiterlesen zu können.“ 

 

 

 

„Mir mutet die Literatur im Netz, die ich kenne, wie das große unendliche Fantasy-Spiel an.“

 

„Auf einzelne Autoren bin ich neugierig geworden.“

 

„Das Netz erscheint mir wie einst die Neue Welt oder wie der Mond. Wir machen eine Grenzüberschreitung hin zu einer anderen Welt, die es zu erschließen gilt. Bei jedem neuen Link hofft man auf ein Goldnugget... Goldgräberstimmung.“

 

„Obwohl die Kommunikation zwischen Autor und Leser einfacher, schneller hergestellt werden kann, erscheint es mir doch so, als ob der Kontakt über das Medium Internet unpersönlicher wird. Jede Möglichkeit des realen Kontakts scheint verloren. Alles passiert nur noch virtuell.“

 

„Die literarischen Texte im Netz sind ‚Flaschenpost-Texte‘, schnell und flüchtig geschrieben, in der Hoffnung, daß irgendwer sie findet. Wer, ist egal.“

 

„Sind die Kritikpunkte am Medium Internet für Literatur nicht eher Verweise auf die Literaturauffassung der Leser als eine Wertung von Netzliteratur? Wie ich herangehe, so komme ich heraus.“ 

 

„Obwohl alles vernetzt und miteinander verbunden ist, ist diese Verbindung nur formaler Art. Inhaltlich bleibt vieles zusammenhanglos.“

 

„Wir müssen uns mit einer ganz neuen Art des Denkens vertraut machen. Es bedarf anderer Denkstrukturen, die Gliederung von Texten wie in NULL als Sternenkarte darzustellen, oder – wie wir es gewohnt sind – linear. Nach Punkt 1 kommt jetzt eben nicht mehr unbedingt Punkt 2.“

 

„Trotz der vielfältigen Wege über Links, E-Mail etc. zu kommunizieren und die Texte miteinander kommunizieren zu lassen, finden sich kaum Ansätze, in die Textgestaltung anderer Texte einzugreifen, sie zu verändern oder fortzuschreiben. Das Medium Internet wird, auch in NULL, bisher zu konservativ und konventionell genutzt.“ 

 

 

 

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